Erinnerungen des 1. Kommandeurs des KRR-18

Im Mai 1984 führten wir unser erstes Feldlager im Bestand der 1. Küstenraketenabteilung im Gebiet Darßer Ort durch. Danach wiederholten wir das jährlich mit beiden Abteilungen zu verschiedenen Zeiten für jeweils maximal 4 Wochen in verschiedenen Gebieten. Ich war kein Freund dieser Feldlager. Die Führung des Regiments war in dieser Zeit durch die Dislozierung der Einheiten kompliziert, die Sicherstellung äußerst aufwendig und mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden. Außerdem musste der Personalbestand längere Zeit unter erschwerten Bedingungen leben. Vielmehr sollte nach meinem Vorhaben monatlich die 2. Woche konzentriert von Montag bis Donnerstag, jeden Freitag war Wöchentliche Wartung der Technik (W II), für die Taktische Ausbildung mit Verlegung der Abteilungen genutzt werden. Das konnte ich aber leider nicht verwirklichen, da uns dafür kein eigenes Übungsgelände zur Verfügung stand. Dabei lag ein geeignetes direkt vor unserer Haustür, die durch den Militärforst verwaltete Rostocker Heide. Leider war es das bevorzugte Jagdgebiet von Parteifunktionären, darunter die 1. Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen der SED, und des Chefs der Volksmarine. Damit war es tabu für uns.

Ich machte nur einmal den Fehler, dieses Problem bei meinem Chef anzusprechen. Wahrscheinlich verstand ich das Ganze auch nicht, weil ich kein Jäger war. Ich hatte dafür keine Zeit.

Während dieses Feldlagers erfolgte überraschend ein Besuch des Ministers für Nationale Verteidigung, Armeegeneral Heinz Hoffmann, nur in Begleitung des Chefs der Volksmarine. Der Minister war sehr aufgeschlossen, stellte während meiner Erläuterungen Fragen und verfolgte die überaus eindrucksvolle Gefechtsübung der 1. Küstenraketenabteilung mit großem Interesse. Er ließ es sich nicht nehmen, in die Gefechtskabine einer Startrampe zu klettern und führte ausführliche Gespräche mit den Besatzungen der Startrampen, dem Regimentskommandeur und dem Abteilungskommandeur. Dieser erste Besuch eines der höchsten Repräsentanten unseres Staates war für unser gerade erst in Dienst gestelltes Regiment außerordentlich wichtig und erfolgreich. Der dabei zwischen dem Minister und dem Chef der Volksmarine geführten Unterhaltung konnte ich entnehmen, dass dieser Besuch der Auslöser war für den nachfolgenden Befehl zur Teilnahme einer Formation des Küstenraketenregiments 18 an der größten Ehrenparade der NVA in Berlin am 07.10.1984, dem 35. Jahrestag der DDR

Besuch des Ministers für Nationale Verteidigung im Küstenraketenregiment 18.

Raketenschießen und Führungsprobleme

Im Juli absolvierte das Küstenraketenregiment 18 erfolgreich seinen 1. Raketenschießabschnitt. Insgesamt war es für den Personalbestand immer eine außerordentlich hohe Belastung. Um den Erfolg zu sichern, musste ständig mit höchster Konzentration gearbeitet werden. Andererseits war es die einzige Möglichkeit zu beweisen, dass der Ausbildungsstand des Personals und der Zustand der Technik den erfolgreichen Einsatz der Raketenbewaffnung sicherstellten. Für mich war es bereits das insgesamt sechste Raketenschießen. Während meiner Dienstzeit in der 6. Flottille hatte ich als Kommandant eine Rakete, als Abteilungschef zweimal eine Raketensalve und als Brigadechef eine Salve sowie eine Rakete zur Zieldarstellung gestartet, bzw. den Start befohlen. Alle waren Treffer bis auf die Zieldarstellungsrakete, die aber nicht abgeschossen wurde. Die Organisation und der Ablauf werden unter RSA beschrieben. Ich beschränke mich deshalb auf persönliche Eindrücke und Erlebnisse. Zu erwähnen ist die umfangreiche Planung. Auch die wurde sehr sorgfältig ausgeführt, so dass wir die Dokumente in den folgenden Jahren nur präzisieren mussten. Zur Teilnahme am 1. RSA hatte ich zusätzlich den Stabschef, Kapitänleutnant W. Schädlich, und meine direkten Unterstellten, die Oberleutnante Sascha Teuber und Frank Kretzschmann, befohlen. Das war aus Gründen der Gefechtsbereitschaft einmalig möglich, da das Regiment noch nur im Bestand einer KRA handelte.

Das Beladen und die Überfahrt mit dem sowjetischen Landungsschiff verliefen ohne Vorkommnisse. Dann folgte ein begeisternder Empfang in der Flottenbasis Baltijsk der Baltischen Flotte (BF) der UdSSR durch unsere Waffenbrüder und die kalte Dusche in Form der Havarie der Startrampe beim Entladen. (siehe den Bericht von Kapitänleutnant Ralf Brennecke unter der Rubrik RSA.)

Eine Selbstfahrende Startrampe (SSR) des Küstenraketenregiments 18 im Gelände beim RSA.

Zum Glück gab es dabei keine personellen und nur geringe technische Schäden, so dass die Erfüllung der Aufgabe nicht gefährdet war. Nach dem Verlassen des Schiffes hatte ich mich sofort mit unseren direkten Partnern persönlich bekannt gemacht. Das waren der Stellvertreter des Chefs der Küstenraketen- und Artillerietruppen (KRAT) der BF, ein Oberst, der Kommandeur des Küstenraketenregiments (KRR) der BF, Major, später Oberstleutnant, Anatolij Butenko, und der Kommandeur der Garde-Marineinfanteriebrigade (GMIBr) der BF, Gardeoberstleutnant, später Gardeoberst, Anatolij Otrakowskij. Wir verstanden uns sofort und wurden gute Freunde. Die Aufgaben waren klar verteilt. Die GMIBr war für unsere Unterbringung und Sicherheit verantwortlich und die Küstenraketentruppen für unsere taktische und technische Betreuung.
Das gesamte Gebiet nördlich der Flottenbasis Baltijsk war militärisches Sperrgebiet und wurde durch die GMIBr verwaltet. Eine Ausnahme bildete das Objekt Donskoje, in dem das KRR der BF stationiert war. Das war ein besonderes Sperrgebiet, da das Regiment mit dem Küstenraketenkomplex „Redut“ und der Rakete „Progress“ mit nuklearen Gefechtsteilen ausgerüstet war. Wegen der höchsten Geheimhaltungsstufe durften wir dieses Objekt auch nicht betreten, nur einmal die Werkstatt nach der Havarie zum Vermessen unserer Startrampe.
Bei der ersten Einweisung am nächsten Tag gab es ein Wiedersehen mit alten Freunden von vergangenen Raketenschießabschnitten. Darunter war auch mein ehemaliger polnischer Studienkollege von der Höheren Seekriegsschule in Baku, Komandor Jurek Wuicek, Kommandant des Zerstörers „Warszawa“, des Flaggschiffs der Polnischen Seekriegsflotte.
Am Abend hatte mich Anatolij Otrakowskij mit meinen Stellvertretern in die „баня“, deutsche Aussprache „Banja“ – die Sauna, der GMIBr eingeladen. Seine Stellvertreter nahmen ebenfalls teil.

Im Gespräch mit Freunden, in der Mitte Gardeoberst A. Otrakowskij, ganz rechts Oberstleutnant A. Butenko 1987

Dazu muss man wissen, dass eine Einladung zur Sauna bei russischen Freunden eine hohe Auszeichnung und gleichbedeutend mit der Teilnahme an einer besonderen Veranstaltung ist. Mit eingeschlossen ist immer ein reichliches Essen und natürlich auch Trinken. Die russische Gastfreundschaft ist berühmt. Die Sauna war ein in Eigenleistung errichtetes größeres Holzgebäude mit Umkleideraum, Ruheraum und der Sauna selbst. Dazu gehörten ein großer Ofen, lange Bänke auf unterschiedlicher Höhe, ein großer Bottich mit kaltem Wasser, eine Schöpfkelle und reichlich Birkenzweige. Eine Tür führte nach außen direkt auf einen Steg über einem Wassertümpel, der einem großen Bombentrichter nicht unähnlich war. Anatolij erzählte mir später, dass ihre Sauna das letzte Mal vor 3 Jahren abgebrannt war, anscheinend kam das regelmäßig vor. Diesmal war wohl der Grund der aus der Düse eines abgewrackten Jagdflugzeuges selbstgebaute Saunaofen gewesen. Nachdem wir uns alle umgezogen hatten in „Anzugsordnung großes Badetuch“ nahmen wir am reichgedeckten Tisch Platz. Anmerken möchte ich, dass alle Lebensmittel für die Speisen aus eigener Produktion stammten. Die GMIBr rekrutierte nicht nur ihr Personal selbst und baute die Unterkünfte selbst, sondern sie war auch noch Selbstversorger. Das heißt, sie hatten eine kleine Landwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht, dabei sogar Rinder, Schweine, Schafe und Kleinvieh. Für die NVA unvorstellbar, auch wenn wir ab und zu kleinere Bauten, wie zum Beispiel unsere Lehrkabinette in Eigenleistung ausbauen mussten, weil sich anders nichts tat. Wir stellten kurz unsere Stellvertreter vor und Anatolij brachte einen Toast aus auf unsere Freundschaft und den Erfolg beim Raketenschießen. In meiner Erwiderung dankte ich für die Einladung und stieß ebenfalls auf die Waffenbrüderschaft an. Übrigens wurde den ganzen Abend nie ohne Toast getrunken, das ist Kultur. Dann gab Anatolij das Kommando: „ну друзья, пошли!“, deutsche Aussprache „nu, drusja, paschli!“, „Nun, Freunde, gehen wir!“ und es ging in die Sauna. Der Ofen war ordentlich eingeheizt und es dampfte mächtig, als mit der Schöpfkelle Wasser aufgegossen wurde. Ich legte mich erstmal vorsichtshalber auf die unterste Bank. Es dauerte nicht lange und Anatolij kam mit einem Bündel Birkenzweige und fragte, ob er mich damit bearbeiten dürfe. Da ich nicht nein sagen konnte, schließlich war ich Gast, fing er an, mit den Birkenzweigen auf meinen Rücken, die Beine und die Region dazwischen einzuschlagen. Das soll sehr gesund für den Körper sein. Als wir genug hatten, gingen wir auf den Steg und sprangen in den Tümpel. Nachdem wir uns abgetrocknet hatten, begaben wir uns zu Tisch. Wir aßen und tranken, aber vor allem wurde pausenlos über alles Mögliche erzählt. Themen waren unser Dienst, unsere Familien und natürlich jede Menge Anekdoten, darunter auch politische, alles auf Russisch. Damit gab es keine Probleme, da wir außer Bernd Moritz, für den wir abwechselnd übersetzten, alle in der Sowjetunion studiert hatten. Dann kam wieder Anatolijs Kommando und alles auf zum nächsten Gang in die Sauna. Insgesamt hielten wir wohl 3 Gänge durch, immer mit dem gleichen Ablauf. Dann saßen wir nur noch am Tisch, aßen, tranken und unterhielten uns. Bei dem Essen war mir der Tee aufgefallen, es gab nicht nur alkoholische Getränke. Er duftete aromatisch und schmeckte ausgezeichnet. Ich fragte Anatolij danach und er erzählte, dass das ein Kraut sei, was bei ihnen überall wachse. Nach einigem hin und her einigten wir uns schließlich auf Johanniskraut.

Langsam wurden wir müde, da wir einen anstrengenden Tag hinter uns hatten. Wir verabschiedeten uns mit einem großen Dankeschön. Gemeinsam gestalteten wir noch drei Saunaabende. Allerdings bat ich Anatolij, dass wir am zweiten Abend für die notwendige Verpflegung und Getränke sorgen durften. Er war einverstanden und ich beauftragte Fregattenkapitän B. Moritz damit, was er, wie auch alle anderen Aufgaben als Leiter der Rückwärtigen Sicherstellung (Logistik), zuverlässig erfüllte. Und so trafen wir uns nach drei Tagen abends wieder und speisten und tranken neben den Saunagängen auf „Deutsch“. Das war natürlich für unsere russischen Freunde außerordentlich interessant. Da es allen gefiel, nahmen wir es in den Ablauf der folgenden Jahre auf. Diese Abende wiederholten sich jährlich, für mich insgesamt vier Jahre lang, und sie bleiben unvergessen.

Im Gespräch mit dem Stellvertreter des Chefs der KRAT und dem Kommandeur des KRR der BF beim RSA.

Hier erlebte ich echte Freunde und Waffenbrüder und erhielt die Gewissheit, dass wir bei Notwendigkeit gemeinsam im Gefecht kämpfen würden und sich dabei jeder auf den Anderen verlassen könnte. Das war keine Theorie – das war die Praxis! Die Tage waren von früh bis spät ausgefüllt mit Trainings, Gefechtsübungen, Einweisungen, aber auch mit Treffen der Waffenbrüderschaft, Meetings, Sportveranstaltungen, die wir gemeinsam mit der GMIBR veranstalteten. Man konnte nur darüber staunen, wie gut sich, trotz sprachlicher Probleme, die Matrosen und Unteroffiziere verstanden. Es wurde alles getauscht, Koppel, Mützenbänder, Effekten, Schulterstücke, Zebrahemden u.a. Trotz strengen Alkoholverbots und dementsprechender Kontrollen bei den sowjetischen und deutschen Marineangehörigen wurden immer Wege gefunden, um gemeinsam anzustoßen. Auf dem nächsten Bild unten ist das alles sehr gut zu sehen. Man kann die Nationalität trotz unterschiedlicher Uniformen kaum noch ermitteln. Ich hatte meine Kommandeure diesbezüglich angewiesen, ein Auge zuzudrücken, wenn nicht die Gefechtsbereitschaft und die Aufgabenerfüllung gefährdet waren.

Die Danziger Bucht ist bekannt für ihre reichen Bernsteinfunde. Wenn unsere Truppen in Uniform in Baltijsk und Kaliningrad unterwegs waren, wurden sie ständig von Jungs angesprochen, die Bernstein gegen Kaugummi, zu dieser Zeit wurde in der Sowjetunion offiziell noch keiner verkauft, tauschen wollten. Da wir solche Tauschereien nicht liebten, verabredete ich mich mit Wolfgang Schädlich, um selbst Bernsteine zu fischen. Wir ließen uns eines Morgens um 4 Uhr wecken und begaben uns mit einem selbstgefertigten Kescher (Tarnnetz) zum Strand. Einige Russen waren bereits bei der Arbeit. Es war bewegte See und auf Grund der größeren Wassertiefe eine ziemlich starke Brandung und Sog. Wir fischten abwechselnd, wobei es nicht beim Waten blieb sondern mehr ein Tauchen wurde. In Unterwäsche, vollkommen nass, betrachteten wir stolz unser Ergebnis: Ein Haufen Tang aber mit zahlreichen Bernsteinen, dabei welche mit einer Größe von bis zu 80 mm! Wir teilten unsere Beute redlich und begaben uns zufrieden wieder in das Feldlager. Meine Bernsteine liegen heute in einer Vitrine, dabei einer mit einer Mücke als Einschluss. Auch hier kommt beim Betrachten immer die Erinnerung.

Nach dem Meeting, die Meister Ralf Jedaschko, rechts Harms, unten rechts Willi Bettack und in der Mitte hinten Fanny Födisch. mit sowjetischen Waffenbrüdern.

Der wichtigste Tag war natürlich der Tag des Raketenschießens selbst. Von verschiedenen Truppenteilen und Einheiten der Verbündeten Ostseeflotten (VOF) wurden an diesem Tag durchschnittlich insgesamt 12 Raketen gestartet. Deshalb erforderten diese Handlungen eine effektive Führung und exakte Koordinierung. Dazu kam die Beachtung der verbotenen und gefährlichen Zonen der Raketenflugbahn beim Start jeder einzelnen Rakete, in denen sich nur die Seezielscheiben aber keine Schiffe befinden durften. Der Ablauf wurde mit allen teilnehmenden Kräften mehrmals theoretisch und, zwei Tage davor, praktisch mit imitierten Raketenstarts durchgespielt. Hier war vor allem die umfassende Vorbereitung der Kommandeure gefordert, ihre ausgezeichneten Kenntnisse über den Waffeneinsatz, die Möglichkeiten ihres Personals und der russischen Sprache. Da beim Raketengefechtsschießen in der Mehrzahl Schiffe eingesetzt wurden, allein zur Sicherung des Zielgebietes 20, war der Ablauf stark wetterabhängig. Die Organisation des Einsatzes der Raketenbewaffnung durch die Kräfte des Küstenraketenregiments 18 war bei allen sechs Raketenschießabschnitten des KRR-18 identisch. Das Wichtigste war die Durchsetzung meiner Forderung, alle Handlungen gefechtsmäßig ablaufen zu lassen. Das bedeutete zwar ein zusätzliches Risiko aber dafür eben auch Gefechtsnähe, das für uns wichtigste Kriterium. Ich führte von meinem in der Nähe der Startstellung entfalteten Führungspunkt, wie immer ein Stabskom „LO-1800“ („Schmetterling“), eine Funkstation „R-140“ auf dem Kfz „ZIL-131“ und eine Funkstation „R-142“ auf dem Kfz „GAZ-66 “. Die jeweilige Küstenraketenabteilung führte ihr Kommandeur von seinem Führungspunkt aus, einer Funkstation „R-142“ auf dem Kfz „GAZ-66 “, der ebenfalls in der Nähe entfaltet wurde. Die Befehle wurden über eine gedeckte UKW-Funkverbindung im Sprechverkehr Russisch mit Anwendung unserer „Signaltabelle für den Raketenangriff“ übermittelt. Nachdem ich vom Gefechtsstand des Leiters des Raketenschießens den Befehl zur Durchführung eines Raketenschlages auf ein Ziel mit Angabe der Koordinaten und der Schlagzeit erhalten hatte, überprüften wir alle Zielparameter auf der Karte. Dann gab ich den Befehl an den Kommandeur, in diesem Fall der 1.Küstenraketenabteilung, Korvettenkapitän Uwe Lonitz, mit dem Inhalt, einen Raketenschlag mit einer Rakete auf ein Ziel, Peilung 354°, Distanz 405 Kabellängen, um 12.30 Uhr nach eigenen Angaben zu führen (ein praktisches Beispiel). Auf seinen Befehl entfaltete die Startrampe aus der Wartestellung in die Startstellung, stellte die Startbereitschaft für die Rakete her und meldete nach der mit der Radarstation „Garpun“ begonnenen Zielsuche das aufgefasste Ziel mit Peilung und Distanz. Nach Erhalt der Meldung „Startbereit“ gab ich das Kommando (Flaggensignal) „наш наш – далой, один рцы, исполнить!“, deutsche Aussprache „nasch, nasch – daloij, adin rzui- ispolnitch!“, „Nanni, Nanni- nieder, ein R Ausführung!“ Danach sprang ich sofort aus dem Führungspunkt, um den Start der Rakete „P-21“ zu beobachten. Ein fürchterliches Donnern, ein Feuerstrahl, die Rakete schoss mit 35 Tonnen Schubkraft aus dem Container der Startrampe. Das ausgebrannte Feststofftriebwerk löste sich nach nicht einmal zwei Sekunden, die Rakete senkte sich auf die eingestellte Höhe von 25 m über der Wasserlinie und flog in Richtung Ziel, das Wichtigste – Start und Flug normal. Nachdem die Startrampe die Startstellung verlassen hatte, wurde in der Wartestellung die Besatzung gewechselt und alles verlief wie vorher, diesmal mit einer Rakete „P-22“. Auch hier sah ich mir den Start und Flug an. Für mich war es überwältigend! Dann war ich wieder auf meinem Führungspunkt und wartete auf die Erfolgsmeldung. Die kam über Funk: „обе ракеты прямые попадания, мишень горит, поздравляем!“, deutsche Aussprache „obje raketui prjamuije popadanija, mischen garit, posdrawljajem!“, „Beide Raketen direkte Treffer, die Scheibe brennt, wir gratulieren!“ und Jubel auf meinem Führungspunkt, die Hochspannung fiel von uns ab. Diese Meldung gab ich sofort an den Abteilungskommandeur und die beiden Startrampenbesatzungen weiter und gratulierte ihnen dann persönlich.

Start der ersten Rakete beim 1.RSA des Küstenraketenregiments 18 1984.