Museum of Art & War

Ein Museum besonderer Art.
Das “Museum of Art & War” in Schwanebeck

Nach einem Aufenthalt in Dessau bot es sich an einen vertretbaren Umweg auf meiner Heimfahrt nach Worms entlang des Nordharzes in Richtung A7 in Kauf zu nehmen, um ein Museum, welches Kunst und Militär in einer ganz besonderen Art und Weise präsentiert, einen individuellen Besuch abzustatten. Auslöser war, dass das einzige in Deutschland existierende Gemälde, welches eine Startrampe des Typs „Rubesh“ abbildet, sich in einer Kunstgalerie in Schwanebeck befindet. Der Militärmaler Lukas Wirp hatte schon eine Reihe seiner Gemälde dem Kunstsammler und militärhistorischen Experten, Herrn Dr. Dr. med. dent. Raimo Modler veräußert. Modler (51) ist kein Militärhistoriker im eigentlichen Sinne, sondern ein praktizierender Zahnarzt, Oberfeldarzt, Reservist der Bundeswehr und ein außergewöhnlicher Liebhaber und Sammler unterschiedlicher Gemälde, Druckerzeugnisse und sonstigen künstlerischen Darstellungen von militärischen Gerätschaften, Raketen, Flugzeugen, Hubschraubern, Schiffen, U-Booten sowie Panzern, gepanzerten Fahrzeugen vorrangig des 20.Jahrhunderts. Auch Porträts spezieller, für den Normalbürger in der Regel unbekannter Militärs dieser Zeitepoche und aus verschiedenen Herkunftsländern, können in der kompakten Ausstellung besichtigt werden. Viele Gemälde sind Unikate, alle Druckerzeugnisse sind limitiert, viele von ihnen sind nicht nur von den Künstlern, die diese Bilder gemalt haben, sie sind teilweise auch von den porträtierten Militärs, Fliegerassen, Panzer- und U-Bootfahrern sowie Kommandeuren und Befehlshabern handsigniert. Auch unser Gemälde wurde von allen drei Regimentskommandeuren des Küstenraketenregiments 18 und von dem Künstler Lukas Wirp im Original – ein Ölgemälde – signiert. Diese teilweise Doppelsignierung macht die Kunstwerke im eigentlichen Sinne nahezu unbezahlbar. Der Inhaber und Eigentümer der Galerie führte mich persönlich durch mehrere Ausstellungsräume und gab erklärende Kommentare zu ausgewählten Bildern ab. Hier muss man den Hut ziehen vor dem Sammler, der dem Beruf nach, praktizierender Zahnarzt ist. Und wenn man Einträgen auf verschiedenen Webseiten folgt, offensichtlich ein sehr guter Zahnarzt. Hätte er zu jedem Bild einen zehnminütigen Kommentar, die Geschichte seiner Entstehung und das Thema der künstlerischen Darstellung abgegeben, wären wir sicherlich nicht vor Abend fertig geworden. Was in anderthalb Stunden, die uns zur Verfügung standen, denn ich wollte das sonntägliche Mittagessen der Familie Modler nicht gefährden, rüberkam, war nicht nur historisch belegt und interessant, sondern auch in einer Art und Weise erzählt, was von einem beeindruckenden hohen Sach- und Kenntnisstand zeugt. Hier ging es nicht im Geringsten um Glorifizierung unterschiedlicher Epochen militärischer Darstellung und Brauchtums, eher um Hintergründe, Technikverständnis und bei Porträts tiefgründiges Wissen von Lebensläufen der abgebildeten Militärs und Waffenentwickler. Niemals habe ich von einem Mediziner jemals solches gebündeltes militärisches und technisches Fachwissen vermutet, nein, ich habe es unmittelbar und direkt vermittelt bekommen. Vieles war mir, als gestandenen militärhistorisch-interessierten Menschen auch völlig neu.

Meine, vor dem Galeriebesuch anfänglich vorhandene Skepsis zum Thema der unterschiedlichen geschichtlichen Epochen (Royal Air Force, Royal Navy, Wehrmacht, US-Air Force, sowjetische und russische Marine sowie NVA und Bundeswehr) und sich bezüglich einer verglorifizierenden und vermischenden Geschichtsbetrachtung unterwerfen zu müssen, wich bei der Erklärung jedes weiteren Kunstwerkes. Die Bilder in der gesamten Galerie und auch die in den in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen zahnärztlichen Behandlungsräumen!, unterliegen keiner geschlossenen zeitlichen historischen Zuordnung, sondern sie sind nach einem rein vom Sammler und Eigentümer individuell festgelegten Schemata an den Wänden angebracht und mit kleinen roten Zahlen durchnummeriert.

Es gehört schon sehr viel Mut und Wissen dazu, Militärgeschichte in dieser künstlerischen Darstellung, diese auch auf einer eigenwilligen Art zu präsentieren und vor allem auch im gesamtgeschichtlichen Zusammenhang erklären zu können. Die Ausblendung und willkürlicher Fremdzuordnung gewisser geschichtlicher Abschnitte, wie heutzutage durch den seit 2017 geltenden Traditionserlass der Bundeswehr sanktioniert wird, kann zwar die Menschen verdummen lassen und einseitig ausrichten, die Kunstwerke aber werden weit in die Zukunft hinein länger eine andere Geschichte zeigen und erzählen können. Das Kunstwerk an sich und die Aussagen der auf den Bildern dargestellten Episoden, Ereignisse sowie Porträt und Technikeinheiten widerspiegeln die Militärgeschichte in seiner Lebendigkeit weitab von Klang und Gloria. Kunst zur Militärhistorie und Krieg finden in dieser Kunstsammlung eine wahrhaftige nüchterne und realistische Reflexion. Geschichte deutscher Armeen und Flotten kann nicht umgeschrieben, ausgelassen oder schöngeredet werden. Eine sehr beeindruckende und ganz spezielle Kunst- und Geschichtsstätte inmitten einer kleinen, unauffälligen Kleinstadt am nördlichen Rand des Harzes.

Nachbetrachtung zu einem Galeriebesuch

Ich, als NVA-Angehöriger, habe in der Darstellung von Kunst und Krieg in dieser Galerie selbstverständlich auch eine persönliche Meinung. Das kann auch gar nicht anders sein. Ich bin stolz darauf genau in dieser und keiner anderen deutschen Armee gedient zu haben. Sie ist die Einzige, die keinen Krieg zugelassen hat und auch an keinen kriegerischen Handlungen je beteiligt war. Im Frieden ist sie im Prozess einer globalen Veränderung des strategischen Kräfteverhältnisses ohne einen Schuss, ohne auch nur eines einzigen Menschenopfers, liquidiert wurden. Dem in diesem Zusammenhang einhergehenden Friedensprozess konnte sie nur wenige Jahre dienen bevor imperialistische Großmächte, einschließlich des wiedervereinten Deutschlands, wieder mit den Waffen begannen zu rasseln, um Macht und Größenwahn mit vermeintlichen und fragwürdigen „Verbündeten“ erneut und trotz aller tragischen geschichtlichen Lehren mit dem Feuer des Krieges zu zündeln. Das sind meine Gedanken, wenn man die NVA-Kampftechnik und einige der höchsten militärischen Vorgesetzten in den nicht wenigen Gemälden zum Thema NVA und Volksmarine in dieser Ausstellung erblickt. Denn ein wichtiger Aspekt muss jedem Besucher der Ausstellung klar sein. So friedlich wie diese Kunstwerke an den Wänden hängen sind deren todbringende Wirkung in der Realität nicht. Das zu wissen ist Voraussetzung um Kunst und Krieg in dieser Atmosphäre auf sich wirken lassen, egal zu welchem Zeitabschnitt das Kunstwerk zu zuordnen ist.

Unser Bild der Raketenstartrampe SSR-111 kann als Gemälde in Postkartengröße und sogar auf Briefmarken im Galerieshop erstanden werden.

Herr Dr. Modler bat mich mein erstes Buch Eine Elite-Einheit der NVA rüstet ab zu signieren. Als Dank für die ausführlichen Erklärungen in seiner Galerie überreichte ich ihm unser zweites Buch „Die Küstenraketentruppen (KRT) der Volksmarine“ mit Signum. Ich bin überzeugt, dass die Geschichte und die Geschichten rund um die KRT in diesem Buch sein Wissen zu unserer Waffengattung bereichern werden und zukünftige Besucher, wenn sie vor diesem Ölgemälde stehen, profunde Aussagen zu und über uns vermittelt bekommen.

Klaus-Peter Gödde
Schwanebeck im September 2020

Weitere Informationen können folgenden Seiten entnommen werden oder ergreifen sie die Initiative und besuchen die Galerie im Museum of Art & War.
https://www.museum-of-war-and-art.de