Grußbotschaft 1989

Kameradschaft, ein Wort das viel bedeutet!

Eigentlich gehört dieser Beitrag in das alte Gästebuch bis 1990. Nein, er verdeutlicht die Kameradschaft zwischen den Streitkräften der sozialistischen Staatengemeinschaft und vor allem deren friedliebenden Menschen. Somit steht dieser Text auch völlig entgegengesetzt heutigen, eher skeptischen Bewertungen der damals gepflegten sogenannten Waffenbrüderschaft zwischen NVA und Sowjetarmee gegenüber.

Nachdem wir 1989 unseren Raketenschießabschnitt mit zwei Treffern auf die Seezielscheibe erfolgreich beendet hatten, und das Regiment vor dem 40. Jahrestag der DDR mit dem schon erwähnten Ehrenbanner ausgezeichnet wurde, erhielten wir noch eine hohe Anerkennung. Die Genossen und Kameraden der Marineinfanterie der baltischen Rotbannerflotte überreichten dem Kommandeur unseres Regimentes diese Grußbotschaft.

Kapitän zur See Dix, Joachim
Fregattenkapitän Schulz, Rainer

RotbannerordenLiebe Genossen, Kampfgefährten!
Der Personalbestand des Gardeverbandes der Marineinfanterie der zweifachen Rotbannerorden Baltischen Flotte gratuliert Ihnen herzlich zum Sieg im sozialistischem Wettbewerb zu Ehren des 40. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und zur Auszeichnung mit dem Ehrenbanner.
Der Tag der Gründung der DDR – das ist ein Tag, der dem Willen des deutschen Volkes, seiner Streitkräfte, das Streben und Wirken vieler Generationen der Kämpfer für Freiheit ihrer Heimat verwirklicht haben, eröffnet der Deutschen Demokratischen Republik breite historische Perspektiven und gestattet in allen Lebenssphären tiefgreifende fortschrittliche Umgestaltungen.
Das sowjetische Volk, die Angehörigen der Streitkräfte der UdSSR schätzen das Freundschaftsverhältnis und die allseitige Zusammenarbeit sehr hoch ein, die unsere Länder verbinden.
Wir sind Überzeugt, wenn wir im Geiste des neuen politischen Denkens handeln, werden der Verband der Marineinfanterie der BRF und das Raketenregiment “Waldemar Verner” auch in Zukunft erfolgreich die freundschaftlichen Beziehungen entwickeln, fest auf den Positionen der Verteidigung des Friedens stehen.
An diesem bemerkenswerten Tag wünschen wir Euch, liebe Genossen und Kampfgefährten, Erfolg in der Gefechts- und politischen Ausbildung, Friede, Glück und Wohlergehen.

Kommandeur des Truppenteils 06017
Gardeoberst A. Otrakowsky
Chef der Politabteilung des Truppenteils 06017
Gardeoberstleutnant W. Chrutschow

Im Nachhinein möchte ich den Kameraden des Truppenteils 06017 meinen persönlichen Dank aussprechen. Als mehrfacher Teilnehmer an den RSA des KRR-18, habe ich die Freundschaft, Kameradschaft und Leistungsfähigkeit der sowjetischen Marineinfanterie kennen und schätzen gelernt. Unser Regiment besaß leider nur einen Wachzug und der musste unsere Einheit in der Heimat bewachen. So wurde unser Feldlager im Küstenvorfeld nahe der Ortschaft Sinjawino (Синявино) beim RSA von der Marineinfanterie der BRF bewacht.
Aber auch wir hatten verschiedene Dienste im Feldlager zu erfüllen. Für den OvD und einen OvP war ein gesondertes Wachzelt am Eingang des Feldlagers errichtet. Von dort hatte man die Kameraden der Marineinfanterie im Blick. Und diese uns natürlich auch.
Ich möchte behaupten, diese Soldaten, ca.150 Meter vor uns, hatten schlechtere Lebensbedingungen als wir in unserem beheizten Zelt.
Eines Morgens, ich war OvP, kam ein sowjetischer Soldat vor das Wachzelt. Er stellte sich nach Dienstvorschrift vor und sagte приятного аппетита (“Guten Appetit”). Dabei überreichte er mir eine mittelgroße Schüssel mit frisch gepflückten Brombeeren. Danach trat er vorschriftsmäßig ab. Ich war so verwundert, dass ich nicht einmal Danke (“спасибо”) sagen konnte.
Bei einem anderen RSA, wieder Dienst als OvP im Wachzelt. Es war noch nicht vier Uhr morgens aber die Sonne wollte langsam aufgehen. Ich saß vor dem Zelt auf einem Feldstuhl, kam ein Soldat der Marineinfanterie auf mich zu. Er begrüßte mich und den neuen Tag herzlich und überreichte mir seine nächtliche (Langeweile) Wacharbeit. Eine auf Hochglanz polierte, scharfe 9 mm Pistolen-Patrone.

Was aus den Brombeeren geworden ist, kann sich jeder denken. Die 9 mm wurde irgendwann bei einem Training verschossen.

Übersetzung: Klaus-Peter Gödde, Erlebnisbericht: Thomas Kuplin