Erinnerungen des 1. Kommandeurs des KRR-18

Das betraf die Kapitänleutnante Ralf-Michael Brennecke, nach Abschluss der Akademie Stabschef des Regiments, Dieter Eger, Dietmar Braasch und Jörg Gaedecke. Selbstverständlich wusste ich, dass ich nicht ewig Kommandeur des Küstenraketenregiments 18 bleiben konnte. Trotz der immens hohen persönlichen Belastung arbeitete ich mit Überzeugung und gern in der Truppe. Ein Leben ohne „mein“ Regiment konnte ich mir nur schwer vorstellen, zumal sich mit der Zeit beim Aufbau des Regiments spürbare Verbesserungen und Erfolge einstellten. Dementsprechend lag ein Schwerpunkt meiner Arbeit auch in der Heranbildung nicht nur eines ständigen 1. Stellvertreters, sondern gleichzeitig eines fähigen Nachfolgers für die Dienststellung des Regimentskommandeurs. In der Person des Stabschefs, Korvettenkapitän Wolfgang Schädlich, hatte ich ihn schließlich gefunden. Er besaß alle dafür erforderlichen Voraussetzungen, hatte wie ich Raketentechnik in Baku studiert, als Kommandant eines Raketenschnellbootes in der 6. Flottille erfolgreich gedient und die Militärakademie in Leningrad (St. Petersburg) absolviert. Dementsprechend beherrschte er perfekt die russische Sprache. Er war intelligent, offen, ehrlich, bescheiden und hatte sich in seine Dienststellung im Regiment schnell eingearbeitet. Bei der Führung und auch bei allen anderen Angehörigen des Regiments stand er auf Grund seines vorbildlichen Auftretens in hohem Ansehen.

Der Stabschef führt das Regiment zum Vorbeimarsch nach einer Musterung.

In seiner Erziehung hatte ich meine Anstrengungen erfolgreich darauf konzentriert, ihm meine Erfahrungen über die Führung eines Truppenteils zu vermitteln und ihn dazu zu befähigen. Die Arbeit eines Stabschefs ist äußerst kompliziert, da ich aber selbst drei Jahre als Stabschef einer Brigade tätig war, konnte ich ihn hierbei effektiv unterstützen. Auch dazu eine Anekdote, die den Unterschied zwischen den Aufgaben eines Kommandeurs und eines Stabschefs treffend aufzeigt, die aber auf keinen Fall verallgemeinert werden sollte. Ein Stabschef wird gefragt: „Ist Fremdgehen Arbeit oder Vergnügen?“ Seine Antwort nach kurzem Überlegen: „Also Arbeit kann es nicht sein, denn dann müsste ich das machen!“ Nach ungefähr einem Jahr unserer gemeinsamen Dienstzeit im Regiment war Korvettenkapitän W. Schädlich bereits in der Lage, mich als Regimentskommandeur in jeder Situation zuverlässig zu vertreten. Dieses Problem besprach ich mehrmals mit dem Chef Kader und auch mit dem Chef der Volksmarine, um zu erreichen, dass er in die Kaderreserve für die Dienststellung Regimentskommandeur aufgenommen wird. Ich selbst gehörte in der 6. Flottille als Stabschef zur Kaderreserve für die Dienststellung Brigadechef, in die ich dann auch eingesetzt wurde. Ich wunderte mich darüber, dass es auf meine Bemühungen keinerlei Reaktionen gab. Erst später begriff ich, dass auf dieser hohen Führungsebene keine Kaderreserve benötigt wurde. Hier entschied anscheinend allein der Chef persönlich über den Einsatz der ihm direkt unterstellten Kommandeure. Ich hatte das ja selbst erlebt.                                                                                        

Bei meiner Versetzung aus dem Regiment wurde das erneut bewiesen. Eigentlich konsultiert man den alten Kommandeur, wenn man einen neuen einsetzt. Auf Grund der etwas ungewöhnlichen Umstände meiner Versetzung, das erläutere ich noch, wurde das in diesem Fall ausgeschlossen. Meine Meinung interessierte meinen Vorgesetzten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Im Ergebnis des ganzen Geschehens in Auswertung der Inspektion wurde schließlich für viele unerwartet Fregattenkapitän, später Kapitän zur See, Dr. Joachim Dix als Kommandeur des KRR-18 eingesetzt. Mit Unterstützung der Führung und der Kommandeure der Einheiten sowie des Chefs der Volksmarine gelang es ihm nach kurzer Einarbeitungszeit, das Küstenraketenregiment 18 erfolgreich zu führen. Korvettenkapitän W. Schädlich wurde nach einem weiteren Jahr Dienst als Stabschef des Regiments auf eigenen Wunsch in das Ministerium für Nationale Verteidigung versetzt. Für mich war das Ganze ein Beispiel für nicht immer tiefgründige Kaderarbeit

Der Kommandeur des Küstenraketenregiments 18 und sein Stabschef beim Abschreiten der Front des Regiments 1984.

„STAN 90“, Übungen, Kontrollen, Überprüfungen – Inspektion

Für das Ausbildungsjahr 1986/87 war für uns eine übermäßig hohe Anzahl von Aufgaben geplant. Wenn ich die ungeplanten noch hinzurechne, komme ich zu der Schlussfolgerung, dass der absolute Schwerpunkt, die Inspektion des Ministeriums für Nationale Verteidigung, dazwischen eigentlich völlig unterging. Da muss ich mich wirklich fragen, ob das beabsichtigt war und ob nicht gerade die Gesamtkontrolle des Chefs der Volksmarine nur fünf Monate vorher mit ihrem gewaltigen Aufwand und hoher Belastung für uns nur als Rückversicherung diente. Dazu kam, dass gleichzeitig mit dem 4.Raketenschießabschnitt des KRR-18 die Übung der Stoßkräfte der Volksmarine „Synchron 87“ durchgeführt wurde. Dadurch waren alle Kräfte des Küstenraketenregiments 18 bis auf den letzten Mann über einen Zeitraum von länger als 3 Wochen unter hoher Anspannung im Einsatz und das unmittelbar vor der Inspektion. War das Absicht, ein Versehen oder einfach nur schlechte Planung?                                            

Den allgemeinen Schwerpunkt des Ausbildungsjahres 1986/87 bildete der Übergang des Küstenraketenregiments 18 auf den neuen „Stellenplan und Ausrüstungsnachweis („STAN 90“), der am 01.12.1986 in Kraft gesetzt wurde. Dieser Plan war selbstverständlich vorher mit mir abgesprochen worden. In der Führung unseres Regiments hatten wir ausführlich über notwendige Änderungen und Ergänzungen bezüglich Personals und Technik beraten. Einerseits wurden aber nicht alle unsere Vorschläge und Hinweise realisiert und andererseits gab es Änderungen, die nicht unseren Ansichten entsprachen. Nach der Bestätigung des „STAN 90“ durch den Stellvertreter des Ministers und Chef des Hauptstabes, Generaloberst Fritz Streletz, war dieser aber nun Gesetz und wir mussten damit leben. Erstaunlich war für mich nur, dass sowohl im Auswertebericht der Gesamtkontrolle des Chefs der Volksmarine als auch der Inspektion des Ministeriums für Nationale Verteidigung 1987 wieder Mängel angesprochen wurden, die schon bekannt waren und durch den neuen „STAN 90“ eigentlich beseitigt werden sollten. Auf der Grundlage des „STAN 90“ begannen die Stellvertreterbereiche und die Einheiten des Regiments unverzüglich mit der Übernahme und Eingliederung von neuem Personal und Technik. Im Wesentlichen waren das Umsetzungen.

Die wichtigste Veränderung bestand in der Aufteilung der Raketentechnischen Abteilung in zwei Raketentechnische Batterien, die in die beiden Küstenraketenabteilungen eingegliedert wurden. Seit 1984 hatte ich mich bereits dafür eingesetzt, weil die Küstenraketenabteilungen mit vollständiger eigener Sicherstellung selbständig in ihren Stellungsräumen handeln mussten. Dazu gehörte auch die Ausrüstung der Abteilungen mit je einer mobilen Funkstation „R-140“ auf dem Kfz „ZIL-131“ und Chiffriertechnik. Aber auch hier blieb ein Mangel, nur die Raketentechnische Batterie der 2. Küstenraketenabteilung erhielt sofort die mobile Technik zum Regeln, Vorbereitung auf den Einsatz, der Raketen. Die 1. Abteilung musste die stationäre Technik nutzen, die Zuführung der mobilen wurde geplant. Damit war sie auf die Technik im Objekt und damit lange Transportwege angewiesen. Außerdem hatten die Abteilungen „zur Erhöhung der Standkraft“ je einen Radarwinkelreflektor „WAR-1“ erhalten. Später sollten noch Attrappen für Startrampen dazu kommen, die zur Täuschung des „Gegners“ dienen sollten. Diese Geräte und Mittel waren bei unseren höchsten Vorgesetzten sehr beliebt. Ich hatte auch dazu meine eigene, abweichende Meinung, die ich bei einer Übung geäußert hatte. Darauf folgte aber leider keine positive Reaktion meiner Vorgesetzten und das Thema war damit erledigt. In diesem Zusammenhang erinnere ich an den berühmten Vergleich: Kritik am Vorgesetzten ist so, als wenn ich einen Eimer Wasser nach oben auskippe. Wer das Ergebnis nicht kennt, sollte es mal ausprobieren. Diese angeführten Mittel der Täuschung erforderten erstens eine aufwendige Lagerung, Wartung, Transport, Montage und Demontage. Dazu wurden zusätzlich Personal, Technik und Hallen benötigt, was sowieso schon fehlte und auch nicht geplant war. Wenn zweitens in einem Stellungsraum irgendetwas zusätzlich aufgestellt wird, mache ich ja den „Gegner“ erstmal darauf aufmerksam, dass sich hier Kampfeinheiten verstecken, denn diese Attrappen u.a. soll er ja bemerken. Meine Ansicht war, erst alle Möglichkeiten der Tarnung gründlich ausschöpfen und dann vielleicht Mittel zur Täuschung einsetzen. Um sich der Aufklärung des „Gegners“ zu entziehen war das wichtigste Einsatzprinzip für unsere Kampfeinheiten eindeutig der schnelle Wechsel der Stellungen, eine effektive Tarnung sowie die Reduzierung der Radar- und Wärmeabstrahlung auf ein Minimum. So wurde bei uns ausgebildet und trainiert!

Nachwuchsförderung im KRR-18, Bewerber für den Beruf eines Berufssoldaten.

Für die 3. Küstenraketenabteilung, noch ohne Hauptbewaffnung, war Personal laut Soll geplant, wurde aber nur in geringer Stärke zugeführt. Trotzdem wurde Sicherstellungstechnik bereitgestellt, z.B. ein Kfz „UAZ-452 T“ für die Vermessungsgruppe, ein „FASTA-4 M“ Fla-Raketen, eine mobile Funkstation „R-142“ auf dem Kfz „GAZ-66 “. Auch das bedeutete wieder zusätzliche Arbeit bezüglich Unterbringung, Wartung usw. Vielleicht war es aber ein Hinweis auf die doch unmittelbar bevorstehende Lieferung der vier Startrampen?

Der Stellvertreterbereich Raketenbewaffnung übernahm von den Rückwärtigen Diensten den Waffentechnischen Dienst, also die gesamte Bewaffnung und Munition, und vom Stab den Nachrichtentechnischen Dienst. Dafür übergab er die gesamten Auftank- und Transportanlagen (ATA) für die Raketen mit Personal sowie den Lagertransportzug, die vier Raketentransporteinrichtungen fehlten immer noch, an die Rückwärtigen Dienste. Die Reparaturgruppe des Bereichs Raketenbewaffnung wurde aufgestockt, erhielt eine Schiffselektronische Werkstatt „SEW-70 c“ auf Kfz „Tatra-148“ und andere Technik.

Das Personal des Bereichs Technik bei der Arbeit: Bergung einer RTE „KRAZ-255 B“ beladen mit Raketen 1986.

Der Stellvertreterbereich Technik/Ausrüstung wurde ebenfalls mit Personal und Technik aufgestockt. Wichtig war vor allem die zusätzliche Einstellung von Hydraulikspezialisten, Motorenschlossern, Elektrikern und Kfz- Schlossern, aber auch die zugesagte Ausrüstung mit einer Fahrschul-Startrampe und die Einrichtung von Kfz-Lehrklassen. Das Instandsetzungspersonal qualifizierte sich auf Speziallehrgängen, so dass auch größere Instandsetzungen in Eigenregie durchgeführt werden konnten.  Diese Vergrößerung der Instandsetzung- und Wartungskapazität führte zu einer spürbaren Verbesserung des technischen und Wartungszustandes der Kraftfahrzeuge. Im Bestand des Regiments befanden sich über 200 Kraftfahrzeuge und die mussten laufend gewartet, instandgehalten und bei Notwendigkeit auch instandgesetzt werden.

Diese zusätzliche, wenn auch minimale, Ausrüstung mit Personal und Technik der beiden Bereiche Raketenbewaffnung und Technik/Ausrüstung war dringend notwendig geworden, da die technischen Störungen seit Mitte 1986 zugenommen hatten. Das war alarmierend, weil es vor allem unsere Hauptbewaffnung, die Startrampen, betraf. Konkret waren das die Motoren, die Turbinen, Hydraulikanlagen u.a. So mussten 1986 eine Turbine und 1987 zwei Motoren der Startrampen gewechselt werden, alles durch unser eigenes Personal, das sich dazu auch qualifizierte. Die Ursachen dafür waren der häufige Kurzstreckenbetrieb, das Fehlen einer Ausbildungsbasis mit Übungsgelände und Lehrgefechtstechnik, das Vorhandensein anfangs nur einer Fremdstromversorgungsanlage u.a. Selbst bei Funktionsproben nach der Wartung mussten die Turbinen eingesetzt werden. Nach der Einarbeitung des Personals gab es spürbare Verbesserungen bei der Instandhaltung der Technik und Bewaffnung.     

Auch in den Rückwärtigen Diensten gab es wesentliche Änderungen. Der Bereich Waffen und Munition wurde abgegeben und dafür der Lagertransportzug und die Raketentanktechnik übernommen. Ein ungelöstes Problem blieb die normale Tanktechnik, die Kraftfahrzeuge „G- 5“, die bereits moralisch verschlissen waren. Auch über dieses Problem hatte ich mit Fregattenkapitän Klaus Schwenke, Bereich Organisation im Stab der Volksmarine, gesprochen. Er hatte als Ersatz für den „G-5“ Sattelschlepper „W-50“ angeboten. Nach Rücksprache mit meinem Stellvertreter für Technik/Ausrüstung, Korvettenkapitän H.- J. Galda, musste ich mit der Begründung ablehnen, dass sie zwar neu, aber nicht geländegängig seien. Die für diesen Einsatz beantragten sowjetischen Tankfahrzeuge wurden nicht genehmigt.

Der Medizinische Punkt des Regiments, der Regimentsmedpunkt, wurde aufgestockt, er erhielt zusätzliche mobile Technik und Ausrüstung. Das waren eine Transporteinrichtung „FSA- 0/2“ und ein Sankra „LO-1800“ (Soll II) für die Medizinische Sicherstellung der 2. Küstenraketenabteilung auf der Insel Rügen. Die obere Etage des Gebäudes wurde als Ledigenwohnheim für die Berufssoldaten ausgebaut. In der unteren Etage wurden eine Bettenstation und eine Zahnarztpraxis eingerichtet, dazu Planstellen für eine Regimentszahnärztin und zwei Krankenschwestern geschaffen. Als wir Ende 1985 mit Klaus Schwenke den Entwurf des „STAN 90“ für das Regiment nochmals durchsprachen, hatte er mich darauf hingewiesen und gelächelt. Er wusste, dass meine Frau als Zahnärztin in Rostock arbeitete. Für mich lag allerdings der Schwerpunkt der Planung auf der umfassenden Ausrüstung der Kampfeinheiten und weniger des Regimentsmedpunkts. Aber ich wusste, dass eine Zahnarztpraxis zur Struktur eines Regiments gehörte und auch aus eigener Erfahrung, dass Zahnschmerzen die Motivation jedes Menschen erheblich negativ beeinflussen. Deshalb freute ich mich. Unser Familienleben würde sich verbessern, da für meine Frau der tägliche lange Weg zur ihrer Arbeitsstelle nach Rostock entfiele, wenn sie diese Stelle annähme. Ich informierte sie sofort darüber, aber ihre erste Reaktion war für mich enttäuschend: „Unter Deinem Kommando arbeite ich nicht!“ Geduldig erklärte ich ihr, dass das auch nicht der Fall sei, weil sie unter dem Kommando des Regimentsarztes arbeiten würde, der unter dem des Stellvertreters für Rückwärtige Dienste und erst der unter dem des Regimentskommandeurs. Außerdem musste noch der erfolgreiche Abschluss ihrer Doktorarbeit durch die neue Arbeitsstelle abgesichert werden. Diese Probleme konnten wir gemeinsam klären und so überzeugte ich sie schließlich. Auch die Kinder spielten dabei eine positive Rolle. Meine Frau bewarb sich, wurde eingestellt und begann ab 01.12.1986 ihre Tätigkeit als Regimentszahnärztin. Nachdem sie sich eingearbeitet hatte, war sie dann sehr zufrieden. Es war doch eine erhebliche Erleichterung.

Ein kleines Problem gab es dann doch noch. Etwa einen Monat nach Arbeitsaufnahme sprach sie mich zu Hause beim gemeinsamen Abendbrot plötzlich an, ungefähr so: „Du musst dich unbedingt mehr um den Zustand des Wachzuges kümmern. Heute war der Meister M. bei mir zur Behandlung und erzählte mir, dass…“ (Beispiel). Ich antwortete nicht, sondern wartete, bis die Kinder nach Beendigung des Essens in ihre Zimmer gegangen waren. Dann sagte ich ihr dazu meine grundsätzliche Meinung. Die bestand darin, dass wir beide auf keinen Fall zu Hause eine Auswertung der Zustände im Regiment durchführen würden. Wenn ihr jemand bei der Zahnbehandlung unbedingt seine Probleme erzählen wolle, so solle sie ihm in Zukunft sagen, dass er sich damit bei mir zur Aussprache melden könne. Im Übrigen wäre ich ihr für jede Information dankbar, aber das würde ansonsten alles im Dienst geklärt. Daran hielten wir uns dann in der Zukunft. Die Arbeit meiner Frau im Regiment wurde anerkannt. Am 11.12.1989 wurde ihr der Titel eines Sanitätsrats verliehen. Mit Unterstützung auch der Führung des KRR-18 und der RD schloss sie erfolgreich ihre Doktorarbeit ab und promovierte am 07.03.1990 an der Universität Rostock zum Dr. med. Nach der Auflösung der NVA beendete sie nach Ablauf der Kündigungsfrist im August 1991 ihre Tätigkeit und machte sich, genau wie ich, selbständig. Am 13.07.1992 eröffnete sie in unserem neu erbauten Haus in Bentwisch ihre private Zahnarztpraxis. Auch in unserem gemeinsamen Leben dominierte absolut mein Dienst als Offizier. Das war gar nicht anders möglich, das Familienleben musste eingeordnet werden, da die spärliche Freizeit ja das Minimum war. Ich musste jederzeit kurzfristig erreichbar sein. Die Benachrichtigung und Alarmierung war kompliziert, es gab noch keine Handys. Deshalb war der einfachste Weg auch in diesem Fall die häufige Anwesenheit im Objekt oder zu Hause, was natürlich sehr nachteilig für die Betroffenen und ihre Familien war.

Ein Sankra Kfz „B-1000“ unseres Regimentsmedpunkts.

Die Umstrukturierung auf den „STAN 90“ war, wie hier angeführt, mit umfangreichen Übergaben und Übernahmen von Personal und Technik für das Küstenraketenregiment 18 verbunden. Die erstreckten sich unter Berücksichtigung der Formierung der Kollektive über das ganze Jahr 1987. Die Veränderungen waren für das Regiment unbedingt notwendig, aber nicht ausreichend, und begannen unverständlicherweise erst drei Jahre nach der Indienststellung. Es waren alles nur nachträgliche Korrekturen, die durch eine sorgfältige Planung hätten vermieden werden müssen.

Im Januar und Februar 1987 entwickelte sich eine extreme Wetterlage. Große Kälte, verbunden mit starken Schneefällen und Stürmen, führten zu Schneeverwehungen, die an der Ostseeküste den Verkehr zum Erliegen brachten und viele Ortschaften von der Außenwelt abschnitten. Wie immer bei solchen Katastrophen in der DDR wurde die NVA eingesetzt. Vom Küstenraketenregiment-18 waren Tag und Nacht über 150 Angehörige mit schwerer Technik der Pionier- und Bergegruppen im Einsatz. Sie sicherten so den Verkehr und damit die Versorgung der Bevölkerung in den Ortschaften Gelbensande, Rövershagen, Blankenhagen, Behnkenhagen und Tessin, aber auch die Arbeit der volkswirtschaftlichen Betriebe. Hier wurde ein weiteres Mal überzeugend die enge Verbindung zwischen Volk und Armee in der Praxis demonstriert. Auf Grund der sehr niedrigen Temperaturen gab es Einschränkungen für den Einsatz unserer Kraftfahrzeuge Lkw „W-50“, Raketentransporteinrichtungen „KRAZ-255 B“ und Krane „ADK-125“.

Angehörige der 5. RTS-Brigade der 6. Flottille im Winter 1978/79 auf der Insel Rügen im Einsatz beim Freischaufeln der Straßen.

Vom 10.-13.03.1987 wurde die Gesamtkontrolle des Chefs der Volksmarine im Küstenraketenregiment 18 durchgeführt. Dazu schwärmten täglich während der Dienstzeit unter der Leitung des Chefs des Stabes, Vizeadmiral G. Hesse insgesamt 76 Admirale und Offiziere im Objekt Schwarzenpfost aus. Unser Regiment verfügte dagegen laut Soll nur über 63! Alle Bereiche wurden tiefgründig kontrolliert: Parteipolitische Arbeit, Gefechtsbereitschaft, Gefechtsausbildung, Allgemein u.a. Wieder wurden Probleme und Mängel festgestellt, die schon bekannt waren und die wir ohne direkte Einflussnahme unserer Vorgesetzten nicht beseitigen konnten. Das betraf vor allem den unbefriedigenden Zustand der Arbeits-, Dienst- und Lebensbedingungen und das Fehlen der Ausbildungsbasis. Aber über den Anteil des vorgesetzten Stabes an diesen bereits bekannten Mängeln wurde nicht gesprochen. Dagegen waren zum Beispiel besonders wichtig Befragungen der Unteroffiziere und Matrosen mit den Schwerpunkten Arbeit der Vorgesetzten, Disziplin und Ordnung, Erfüllung der Dienstpflichten u. a.

Das Ergebnis war die Einschätzung „Gefechtsbereit“ („Gut“), womit wir eigentlich zufrieden sein konnten. Allerdings gab es wieder einen langen, detaillierten Auswertebericht mit einer „Intensivierungskonzeption“ für die Monate Juli und August. Das war ausgerechnet die Zeit kurz nach den Hauptaufgaben 4.Raketenschießabschnitt und Übung der Stoßkräfte „Synchron 87“ im Juni, alles noch kurz vor der Inspektion. Damit war klar, dass diese „Intensivierungskonzeption“ lediglich als Alibi für die Führung der Volksmarine diente: Wir haben ja alles für den Erfolg der Inspektion getan! Für die Umsetzung dieser Konzeption im Regiment war überhaupt keine Zeit vorhanden!

Vom März bis Mai 1987 war eine sowjetische Spezialistengruppe im Regiment eingesetzt, die sich mit Fragen der jährlichen Wartung und der industriellen Instandsetzung unserer Startrampen sowie der damit verbundenen Nutzungsfristverlängerung beschäftigte. Auch sie mussten dazu erst Erfahrungen sammeln, da wir die erste Marine waren, die mit dem Küstenraketenkomplex „Rubesh“ ausgerüstet wurden. Hier, wie auch bei einer späteren Untersuchung bestätigten uns diese Spezialisten, die größtenteils aus dem Werk stammten, eine ausgezeichnete Nutzung ihrer Technik. Dadurch wurde 1989 problemlos eine Nutzungsfristverlängerung erreicht, die dann allerdings niemand mehr benötigte.

Im Mai wurde eine umfassende Mobilmachungsübung durchgeführt. Mobilmachung bedeutet den Übergang eines Landes vom Friedens- in den Kriegszustand. Für unser Regiment hieß das, personell und technisch von Soll I auf Soll II überzugehen, im Strukturschema des „STAN“ ist das deutlich sichtbar. Die überwiegende Mehrzahl der dafür notwendigen zusätzlichen Technik und Ausrüstung war im Regiment eingelagert, „eingemottet“. Nur ein geringer Teil musste durch die Volkswirtschaft bereitgestellt werden. Reservisten wurden eingezogen und den Truppenteilen zugeteilt. Hier wurden sie in die Einheiten eingegliedert und übernahmen die für sie vorgesehene Technik und Bewaffnung. Der Personalbestand unseres Regiments wuchs damit um 168 Mann. Das waren 28% (!), was beweist, dass viel zu viel Personal im täglichen Dienst fehlte. Die Hauptarbeit hatten bei dieser Übung die Rückwärtigen Dienste des Regiments und damit mein Stellvertreter für Rückwärtige Dienste, Fregattenkapitän Bernd Moritz, zu leisten. Die Einschätzung war „Gefechtsbereit“ („Gut“). Die Baugenehmigung des STMCVM (Original).

Ebenfalls im Mai 1987 hatte ich beim Chef der Volksmarine einen Antrag für den Bau eines Eigenheims (Einfamilienhaus) in der Gemeinde Bentwisch eingereicht, den er genehmigte. Allerdings mit einer persönlichen Anmerkung und nachfolgender kurzer Aussprache beim Chef Kader der VM mit dem Inhalt, dass der Standort des Hauses bei Rostock meine Versetzung in andere Standorte nicht ausschließe. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass diese Anmerkung noch im gleichen Jahr wichtig werden sollte. Meine Frau und ich hatten bereits Ende 1986 nach einem zufälligen Gespräch und sorgfältiger Abwägung aller Möglichkeiten mit der Planung des Baus unseres Eigenheims, so wurden die Einfamilienhäuser in der DDR offiziell genannt, begonnen. Für die Förderung des Eigenheimbaus gab es in der DDR ein staatliches Gesetz, da die Schaffung von Wohnraum einen Schwerpunkt darstellte. Dementsprechend war unter anderem festgelegt, dass die örtlichen Organe und der Betrieb des Eigenheimbauers, in meinem Fall die Volksmarine, den Eigenheimbau allgemein und materiell, finanziell mit einer festgelegten Fördersumme, ich glaube 10 % von der festgelegten Bausumme, sowie  mit dem Einsatz von Technik zu unterstützen hatten. Gleichzeitig wurde aber auch der Einsatz von Kräften aus der Volkswirtschaft untersagt, grundsätzlich war alles nur in Eigenleistung zu errichten. Zunächst ging es um den Standort. Auf meine Bitte um Unterstützung hatte der Vorsitzende des Rates des Kreises, Günter Waldschläger, sofort zugesagt, mir behilflich zu sein bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück im Landkreis Rostock. Ich wusste, dass in Rövershagen an der F- 105 (B-105), von Schwarzenpfost aus vor dem Bahnübergang rechts, ein Grundstück für den Kommandeur der Dienststelle vorgesehen war. Kurzzeitig war auch Graal- Müritz im Gespräch. Aber dann entschied meine Frau mit ihrer Festlegung: „Wenn ich schon nicht in Rostock wohnen kann, möchte ich es wenigstens sehen!“ dieses Problem. Das gestand ich ihr zu, schließlich war sie meinetwegen von Rostock nach Gelbensande gezogen. So einigten wir uns auf Bentwisch und tatsächlich können wir von unserem Haus aus, die Türme der Petrikirche und der Marienkirche von Rostock sehen. Ende Mai besichtigte ich gemeinsam mit Günter Waldschläger und Fritz Albrecht, dem Bürgermeister der Gemeinde, mögliche Grundstücke in Bentwisch und wir einigten uns schließlich auf den Wiesengrund, damals noch Eigenheimstraße.

Aufsetzen der Deckenplatten des Erdgeschosses mit einem Kran „ADK-125“ des KRR-18 beim Bau unseres Hauses 1989.