Die Verlegung und Entfaltung der Kräfte wurden laut Plan durchgeführt. Nach der Einnahme der Stellung begann die Besatzung der Startrampe auf meinen Befehl unverzüglich mit der Zielsuche im zugewiesenen Sektor, der über Funk übermittelt worden war.
Karte der Zielbegleitung der USS „Iowa“ durch die Startrampe des Gefechtsdienstes des Küstenraketenregiments 18.
Das Ziel wurde bereits unmittelbar nach Passieren des Fehmarnbelts, also beim Einlaufen in die Operationszone der VM, durch die Radarstation „Garpun“ (Гарпун) unserer Startrampe aufgefasst und ununterbrochen begleitet. Wir waren erstaunt über das auffallend große Radarecho, das das Schlachtschiff auf dem Radarbildschirm erzeugte. Die Auffassungsreichweite überschritt nach ca. 4 Stunden Zielverfolgung deutlich die Einsatzgrenzen unserer Raketenbewaffnung von 80 km. Man hätte die Startrampen durchaus auch als Radarbeobachtungsstationen einsetzen können, die Station „Garpun“ war ausgehend von ihren technischen Parametern dazu ausgezeichnet geeignet. Das Ziel wurde ohne Ausfälle und Unterbrechungen über den gesamten Zeitraum des Aufenthaltes innerhalb der Reichweite der Radarstation durch die Besatzung der Startrampe begleitet. Für einen Start der Raketen hätten lediglich die Sicherheitsvorrichtungen für den Transport entfernt, und die Vorstartkontrolle durchgeführt werden müssen. Bei diesem Einsatz stellte ich bei allen Angehörigen überdurchschnittliche Leistungen fest. Mit hoher Disziplin und Können verrichtete jeder Angehörige exakt die ihm befohlenen Aufgaben. Angst, Unsicherheit oder Zweifel am eigenen Handeln gab es absolut nicht. Jedem war bewusst, dass es sich bei diesem Einsatz weder um ein Training, noch um eine Überprüfungsmaßnahme handelte. Zum Täglichen Gefechtsstand der Volksmarine bestand eine ständige Nachrichtenverbindung. Auf diesem Netz wurden alle Informationen über den aktuellen Standort, Kurs und Geschwindigkeit des Verbandes abgesetzt. Die Informationen über konkrete Handlungen wurden direkt von den zur optischen Aufklärung befohlenen Schiffskräften übermittelt. Wir hatten ständig Meldung zu erstatten über den bestehenden Radarkontakt und die Bereitschaft zur Bekämpfung des Zieles. Erstmals erlebten wir in der Praxis ein enges Zusammenwirken mit Schiffsstoßkräften gegen einen Kriegsschiffsverband des „Gegners“. Die Raketentechnik wurde allerdings nicht zum sofortigen Einsatz vorbereitet. Die Sicherheitsvorrichtungen durften nur auf Befehl entfernt werden und der wurde in diesem Fall nicht gegeben. Trotzdem war uns jederzeit bewusst, dass ein faktischer Einsatz der Raketenbewaffnung durchaus möglich war.
Erstmals hatten die Angehörigen des Gefechtsdienstes des Küstenraketenregiments 18 mit einer ihrer Startrampen im Gefechtseinsatz erfolgreich ein reales Ziel begleitet, jederzeit bereit für den Einsatz ihrer Raketen!
Das habe ich bis heute nicht vergessen und es erfüllt mich immer noch mit Stolz über unsere hervorragende Truppe und Technik! Ich hatte hier selbst erlebt, dass dank einer effektiven Führung und intensiven Ausbildung unser Personalbestand hoch motiviert und allseitig auf die Abwehr eines möglichen Krieges vorbereitet war! Am Erfolg eines möglichen Einsatzes der Raketenbewaffnung auf Befehl habe ich nie gezweifelt. In solchen Momenten vergisst man dann schnell, welche Mühen, welche persönlichen Entbehrungen und Strapazen wir alle auf uns nahmen, um unser Vaterland zuverlässig zu schützen und zu verteidigen.
Probleme und Ende der Gefechtsbereitschaft
Die Gewährleistung einer ständig hohen Gefechtsbereitschaft mit ihrem Kernstück, der schnellen Überführung der Kräfte vom Friedens- in den Kriegszustand, war für die Angehörigen der Volksmarine ihr Hauptbeitrag zur Erhaltung des Friedens. Der Auftrag lautete, durch hohe Gefechtsbereitschaft den Frieden zu erhalten und den Krieg zu bekämpfen, bevor er ausbricht! Unsere persönliche Einschätzung lautet: Die Angehörigen des KRR-18 erfüllten diesen Auftrag in vollem Umfang und einen wesentlichen Beitrag leisteten dabei die Besatzungen mit ihrer Technik im Gefechtsdienst. Sie hatten zweifelsfrei die größte Verantwortung zu tragen und persönlich zusätzliche, enorm hohe Entbehrungen auf sich zu nehmen. Neben den hohen Belastungen und Entbehrungen für den zum Gefechtsdienst befohlenen Personalbestand ergab sich ein nicht unproblematischer und finanziell sehr teurer Umstand: Aus der ständigen Sicherstellung des Gefechtsdienstes mit Gefechtsraketen resultierte ein wesentlich verkürztes Nutzungsintervall für die Raketen. Im Unterschied zu der vollen oder teilweisen Konservierung und Einlagerung wurden diese Raketen mit der aggressiven Treibstoffkomponente „G“ und dem Oxydator „O“, einer hochkonzentrierten Salpetersäure, betankt und an Bord der Startrampen bei einer hohen Luftfeuchte gelagert. Der Nutzungszyklus verringerte sich dadurch bedeutend und deshalb musste entschieden werden: Entweder Verschießen der Raketen zu Raketenschießabschnitten oder Verschrotten. Bei dem Preis einer Rakete von ca. 2 Mio. Mark der DDR war das ein wesentlicher ökonomischer Aspekt. Solche Probleme kennt die NATO nicht. Da wird einfach mal ein kleiner Krieg organisiert, bei dem unter anderem auch massenweise Raketen eingesetzt werden, wie z. B. gegen den Irak und Libyen.
Eine Selbstfahrende Startrampe des KRR-18 in einer Startstellung auf der Halbinsel Darß.
Für den faktischen Einsatz, Kriegszustand, waren die bereits erwähnten Gefechtsdokumente erarbeitet, in denen alle möglichen Startstellungen aufgeführt waren, die den Raketenstart in den Hauptschussrichtungen unbehindert ermöglichten. Diese waren vermessen und mit Anschaltpunkten für Drahtnachrichtenmittel versehen. Zum Ausrichten der Startstellung auf einen fest vermessenen Punkt befand sich an Bord der Startrampen ein optisches Visier, das mit einer Kompassanlage gekoppelt war. Ähnlich dem Prinzip der Kreuzpeilung zur Standortbestimmung in See bestimmte damit die Startrampe ihre genaue Startposition nach trigonometrischen- oder markanten Festpunkten im Gelände. Zur Durchführung dieser Manöver gehörte zu jeder Abteilung ein Vermessungstrupp mit einem Kfz „UAZ- 452 T“. Die Angaben über die vermessenen Stellungen befanden sich auch in den unter Verschluss gelagerten Dokumenten jeder Küstenbeobachtungsstation. Im Gefecht hätten diese dann Angaben zu den mit Küsten- Radar- Stationen aufgefasstenZielen direkt für die Startstellungen umsetzen und über Nachrichtenverbindungen an die SSR übermitteln können. Für das Zusammenwirken mit Schiffen und Booten in See wurden andere Methoden entwickelt. Zur Sicherstellung der Handlungen der KRT wurden Schiffsfühlungshalter eingesetzt.
Ein Hauptproblem der Gefechtsbereitschaft bildeten die völlig unzureichenden Nachrichtenverbindungen für die Kampfeinheiten des KRR-18. Außerdem entsprach die Ausrüstung mit Nachrichtentechnik nicht dem hohen Niveau der Raketenbewaffnung. Erst im Laufe der Zeit konnten nur durch beharrliche persönliche Anstrengungen schrittweise Verbesserungen erreicht werden.
Auch die taktische Ausbildung des Personals unter feldmäßigen Bedingungen außerhalb des Objektes war aus Gründen der Geheimhaltung nicht durchführbar, zumal die Startrampen anfangs nur nachts bewegt werden durften. Erst auf dringende Bitten des Regimentskommandeurs änderte sich das und schließlich wurde uns 1984 durch den STMCVM auch die Nutzung militärischer Sperrgebiete zu Ausbildungszwecken gestattet, die der Kommandeur mit dem Stabschef dann gemeinsam rekognoszierte. Trotzdem fehlte ein eigenes Übungsgelände. Ein weiteres Problem war die ungenügende Information der Kommandeure der Kampfeinheiten des KRR-18 über die Lage in der Operationszone der VM. Bei der Indienststellung des Regiments existierte lediglich ein Offizier vom Dienst (OvD), der eine immense Anzahl von Aufgaben zu erfüllen hatte: Die Auslösung höherer Stufen der Gefechtsbereitschaft, die Durchsetzung und Kontrolle des befohlenen Tagesdienstes, die Organisation der Bewachung und des Schutzes unseres Objekts und der Technischen Zone u. a. Das Mitführen der Lage in der Operationszone der Volksmarine war gar nicht geplant und wäre personell so auch nicht möglich gewesen. Außerdem bestand nachrichtenmäßig keine ununterbrochene Verbindung zum OPD der VM. Da wir dem STMCVM direkt unterstellt waren, zeichnete die Abteilung Operativ des Stabes der VM für diese Misere verantwortlich. In der Praxis sah das so aus, dass bei einer Alarmierung die notwendigen Informationen erst umständlich auf telefonischem Wege eingeholt werden mussten. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren und befohlene Normzeiten konnten nicht eingehalten werden. Ausgehend von seinen Erfahrungen als Chef einer Raketen- Torpedoschnellboots-Brigade veranlasste Fregattenkapitän L. Schmidt unverzüglich positive Veränderungen. Mit einem seiner ersten Befehle wurde der Operative Diensthabende (OPD) des KRR-18 als Vorgesetzter des OvD eingeführt. Dieser war aus den Reihen der Stabsoffiziere, der dem Kommandeur direkt unterstellten Oberoffiziere und der Offiziere mit Führungsfunktion der Küstenraketenabteilungen zu stellen. Sicherlich war das eine zusätzliche Belastung der Berufssoldaten, aber für den organisierten Übergang auf höhere Stufen der Gefechtsbereitschaft, den geordneten und effektiven Einsatz der Kräfte zur Erfüllung der Aufgaben des Gefechtsdienstes, ein dringend notwendiger Schritt. Bei der Durchsetzung dieses Befehls hatten wir die volle Unterstützung unserer Vorgesetzten. Der OPD des KRR-18 wurde durch den OPD der VM direkt geführt und dazu wurden die dafür notwendigen Nachrichtenverbindungen organisiert. Der für diesen Dienst befohlene Personenkreis wurde entsprechend ausgebildet und nach bestandener Überprüfung der Kenntnisse bestätigt.
Damit wurde die Voraussetzung geschaffen für das ununterbrochene Führen der Lage in der Verantwortungszone der VM, die entsprechende Auswertung und Information der unterstellten Kommandeure. Die Entschlussfassung des Kommandeurs des KRR-18 für den effektiven Einsatz der ihm unterstellten Kampfeinheiten zur Erfüllung von Gefechtsaufgaben wurde dadurch wesentlich begünstigt und kostbare Zeit gewonnen. Die morgendliche Lage des Regimentskommandeurs mit seinen Stellvertretern, den Kommandeuren der Küstenraketenabteilungen und der Startrampen wurde ab sofort im Dienstzimmer des OPD durchgeführt und begann mit dem Vortragen der Lage in der Operationszone der VM und im Küstenraketenregiment 18 durch den OPD. Das war ein Qualitätssprung bei der Sicherung der hohen Gefechtsbereitschaft!
Das Vermessungsfahrzeug der Küstenraketenabteilungen Kfz „UAZ- 452 T“
Die wichtigste Überprüfung des Standes der Gefechtsbereitschaft und des Gefechtsdienstes im KRR-18 war die Inspektion durch das Ministerium für Nationale Verteidigung im August 1987. Bei der dabei zu absolvierenden Gefechtsaufgabe in der Taktischen Ausbildung standen inhaltlich der Einsatz der Küstenraketentruppen nach Angaben von land- und seegestützten Fühlungshaltern und deren Sicherstellung durch gedeckte Nachrichtenverbindungen im Mittelpunkt. Ein weiterer Schwerpunkt waren die Verbesserung der Tarnung im Gelände und die Sicherung der Überlebenskraft der Einheiten bei Kampfhandlungen.
Erneut bewies sich in der Praxis, dass der Einsatz der Raketenbewaffnung gegen ein Ziel bei Nutzung von Fremdparametern, Methode Fühlungshalter, mit viel zu großen Fehlern behaftet war. Wie schon mehrfach erwähnt, gelang es nicht einmal, den Zeitverzug bei der Ermittlung der Zieldaten und deren Übermittlung so zu verringern, dass ein Treffer zu erwarten war. Dazu existiert die Tabelle der zulässigen Datenalterung bei Einsatz von Fühlungshaltern aus der DV 246/0/027. Dazu kam, dass die grafische Auswertung der Position, des Kurses und der Geschwindigkeit von Zielen auf Seekarten und die nachfolgende verschlüsselte Übermittlung, teilweise über zwei Stationen, viel zu lange dauerte und zu ungenau war, um schnelllaufende Ziele erfolgreich bekämpfen zu können. Das war ein Fakt, der uns bekannt war und auf den wir des Öfteren aufmerksam gemacht hatten, den aber keiner unserer Vorgesetzten wahrhaben wollte, auch nicht die Inspektionsoffiziere. Der Grund für die gewollt ungerechte, nur befriedigende Bewertung ist bis heute unverständlich und ungeklärt.
Im Auswertebericht der Inspektion wurde festgestellt, dass die hohen Anforderungen an die Gefechtsbereitschaft des KRR-18 im Widerspruch stünden zu den teilweise unzulänglichen Dienst-, Arbeits- und Lebensbedingungen der Angehörigen des Regiments. Kritisch angemerkt wurde weiter die unzureichende Ausrüstung mit Personal und Technik, besonders Pioniertechnik und Nachrichtentechnik. Diese Probleme waren der Führung des Regiments selbstverständlich bekannt und der Kommandeur hatte sie immer wieder bei seinem Vorgesetzten, dem STMCVM, angesprochen. Außerdem waren sie bereits bei früheren Kontrollen ausgewertet worden. Aber trotzdem wurden nie umfassende Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel eingeleitet. Dafür trugen unsere Vorgesetzten die Verantwortung, denn nur sie hätten den Einsatz der für Veränderungen benötigten finanziellen und materiellen Mittel anordnen können. Stattdessen griffen sie zu der für sie einfachsten Lösung. Der Kommandeur und sein Stellvertreter und Leiter der Politabteilung wurden versetzt, ohne Begründung und ohne irgendwelche Rücksprachen! Und unter dem neuen Kommandeur wurden die oben angeführten erheblichen Missstände auch nicht, bzw. zögerlich und nur zum Teil beseitigt.
Der Einsatz der Raketenbewaffnung der KRT nach Angaben von Fühlungshaltern war nach dem Wechsel des Kommandeurs des KRR-18 ab Ende des Jahres 1987 zwar noch Gegenstand von Stabstrainings, wurde aber dann bei Überprüfungen nach 1988 nicht mehr angewendet. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Einführung und der Einsatz des automatisierten Zielzuweisungskomplexes „Uspech“, der bei der Übung „Synchron 87“ erfolgreich mit unseren Kampfeinheiten in der VM getestet worden war, fest eingeplant. Dieses System lieferte automatisiert exakte Angaben über das zu bekämpfende Ziel in Echtzeit. Es sollte vorrangig im Interesse der Küstenraketentruppen und der Kleinen Raketenschiffe der 6. Flottille eingesetzt werden.
In der Folgezeit wurden bis November 1989 an dem bestehenden System des Gefechtsdienstes des KRR-18 keine Veränderungen vorgenommen. Da die Ausrüstung der 3.Küstenraketenabteilung mit Startrampen unmittelbar bevorstand, sollte dann die hohe Belastung des Personalbestandes durch den Gefechtsdienst auf wesentlich breitere Schultern verteilt werden.
Im Herbst 1989 veränderte sich drastisch die innenpolitische Lage in der DDR. Den Veränderungen und Reformen konnte sich auch die Nationale Volksarmee nicht entziehen. Für die Volksmarine bedeutete das erneut den Wechsel des Chefs, umfangreiche Veränderungen in der Führungsstruktur und Erleichterungen für den Personalbestand im täglichen Dienst. Die ständig propagierte Bedrohung durch die NATO wurde vom Volk der DDR in diesem Umfang nicht mehr mitgetragen. Auch für das KRR-18 bedeutete das einen erneuten Wechsel des Kommandeurs und vor allem Veränderungen im System der „Ständigen Gefechtsbereitschaft“. Mit Befehl Nr.111/89 des neuen STMCVM, Vizeadmiral Hendrik Born, wurden im November 1989 für die Volksmarine die Normzeiten und Handlungen beim Übergang auf höhere Stufen der Gefechtsbereitschaft korrigiert, das heißt, sie wurden wesentlich gelockert, richtig muss man sagen- aufgeweicht! Im KRR-18 wurde jetzt u. a. auch die für die Gefechtsbereitschaft so wichtige Funktion des OPD abgeschafft- keine Leute! Für den Gefechtsdienst des KRR-18 wurde zum Beispiel die Normzeit zum Verlassen des Objekts für eine, nun auch nicht mehr mit Raketen beladene Startrampe, auf 60 Minuten festgelegt. Was war das für eine Waffe- eine Selbstfahrende Startrampe ohne Raketen! In der Folgezeit wurde die bis dahin erstrangige Bedeutung der Gefechtsbereitschaft und des Gefechtsdienstes laufend weiter abgewertet. Ausdruck dessen war die Verkürzung der Dienstzeit der Soldaten im GWD auf 12 Monate, die Entlassung von Berufssoldaten auf eigenen Wunsch, die Entfernung der Militärabwehr und der Partei- und Politorgane aus der Armee u.a.
Der Abschied, erstmals 10 Startrampen des Küstenraketenregiments-18 in Reihe und Glied
Schließlich war der Personalbestand so dezimiert, dass von Gefechtsbereitschaft überhaupt keine Rede mehr sein konnte. Maßnahmen, die im KRR-18 durchgeführt wurden, um fehlendes Personal auf den Startrampen zum Beispiel durch Stabsoffiziere zu ersetzen, waren eigentlich nur überflüssige Spielereien und Kampf gegen die Langeweile. Das wichtigste war aber jetzt die Gewährleistung der Sicherheit bei dem vorhandenen großen Vernichtungspotenzial an Bewaffnung und Munition im Regiment. Schließlich wurden die Munition, Bewaffnung und technische Ausrüstungen schrittweise außer Dienst gestellt, übergeben und abtransportiert.
Am 24.09.1990 trat die DDR aus dem Warschauer Vertrag aus, am 02.10.1990 wurde auf der letzten Musterung des KRR-18 mit nur noch 40 % Personalbestand die Truppenfahne abgegeben! Da kein „Gegner“ mehr vorhanden war, waren eine hohe Gefechtsbereitschaft und der Gefechtsdienst nun wirklich überflüssig und damit auch das Küstenraketenregiment 18!
Abschließend stellt sich auch hier die unter den ehemaligen Angehörigen der NVA viel diskutierte Frage, ob die enorm hohe Gefechtsbereitschaft, der Gefechtsdienst, die Gefechtsausbildung und die daraus resultierenden Belastungen für den Personalbestand, besonders für die Berufssoldaten und ihre Familien, eigentlich ihre Berechtigung hatten? Aus heutiger Sicht neigen wir und die Historiker beider Teile Deutschlands dazu, diese Frage vorschnell mit einem klaren „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Meiner Meinung nach lässt sich dieses Problem nicht ganz so einfach lösen. Sicher kannten wir unseren „Gegner“ sehr gut. Uns war wohl bekannt, dass am Freitag um 13:00 Uhr die Dienststellen der Bundeswehr und der stationierten NATO-Streitkräfte leergefegt waren und sich deren Soldaten am Wochenende bei ihren Familien aufhielten. Dabei dürfen wir aber nicht die ständig hohe Einsatzbereitschaft insbesondere der Raketen- und strategischen Fliegerkräfte der USA vergessen. Für die Sowjetunion galt und für Russland gilt immer noch die Maxime: Nie wieder einen 22.06.1941! Somit wird die Forderung der hohen Bereitschaft zur Abwehr einer Aggression verständlich. Trotz der weltpolitischen Entspannung in den 70er-Jahren darf nicht verkannt werden, dass auf beiden Seiten der Rüstungswettlauf weiter forciert wurde. Für die beiden deutschen Staaten an der Nahtstelle der Bündnispakte ergaben sich deshalb besonders kurze militärische Reaktionszeiten, denen man nur mit einem hohen Grad an Gefechtsbereitschaft gerecht werden konnte.
Sicher trifft auch zu, dass unsere Partei-, Staats- und militärische Führung wider besseres Wissen diese zum Teil übersteigerte hohe Gefechtsbereitschaft künstlich erzeugt hat, um damit wenigstens die Angehörigen der NVA vom Nachdenken über andere Probleme, wie z.B. der Wirtschaft und Demokratie, abzulenken.
Die Abgabe der Truppenfahne des damit „ehemaligen“ Küstenraketenregiments 18
Letztendlich wurde aber unser aller Hauptziel erreicht:
Es ist gelungen, nach dem 2. Weltkrieg in Zentraleuropa einen Krieg zu verhindern!
Dafür gebührt allen Angehörigen der NVA – Dank und Anerkennung!
Bildquellen: Wolfgang Schädlich, Lothar Schmidt, Kurt Stippkugel, Klaus-Peter Gödde und teilweise freie Bilder aus dem Internet.